Beeinflusst der Bindungsstil den Umgang mit Stress?
Beeinflusst der Bindungsstil nach Bowlby den Umgang mit Stress? Dieser Frage ging Amelie Müller-Schwefe in ihrer Bachelor-Arbeit an der Pädagogischen Hochschule Freiburg nach. Sie untersuchte Bindungsstile und Copingstrategien bei 125 Patienten zweier psychosomatischer Kliniken. Die Copingstrategien wurden mit dem Stress- und Coping-Inventar (SCI) erfasst, die Bindungsstile mit dem Relationship Scales Questionaire (RSQ). Die Ergebnisse überraschen in ihrer Eindeutigkeit, auch wenn es sich nur um eine querschnittliche Korrelationsstudie handelt.
Es fanden sich bedeutsame und hoch-signifikante Korrelationen zwischen den Bindungsstilen und dem Umgang mit Sress (Copingstrategien). Besonders fehlendes Vertrauen ( r = -.56) sowie Angst vor Nähe ( r = -.37) und Angst vor Trennung (r = -.21) führten dazu, dass die Patienten sich bei der Stressbewältigung weniger um soziale Unterstützung bemühen und Stress stattdessen eher mit Alkohol und Zigaretten zu verdrängen versuchen. Der Wunsch nach Unabhängigkeit korrelierte hingegen mit einer aktiven Stressbewältigung (r = .32).
Die Mittelwertunterschiede verdeutlichen den Einfluss der Bindungstypen: Am wenigsten nach sozialer Unterstützung suchen Menschen vom unsicher-desorganisierten Bindungstyp (hohe Angst vor Nähe und hohe Angst vor Trennung, ca. 21%), während sicher gebundene Personen (ca. 36%) zur Bewältigung von Stress deutlich eher nach sozialer Unterstützung suchen und diese auch erhalten.
Zusammenfassend belegen die Ergebnisse eindrucksvoll die Bedeutung der Bindung für den späteren Umgang mit Stress. Vermeidende oder unsichere Bindungstypen führen dazu, dass Menschen mit Stress deutlich schlechter umgehen (weniger nach sozialer Unterstützung suchen und mehr Alkohol- und Zigaretten konsumieren) als Personen, die sicher gebunden sind.
Quellen
Müller-Schwefe, A. (2017). Der Zusammenhang zwischen Bindungsstilen und Copingstrategien bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Bachelorarbeit am Studiengang Gesundheitspädagogik. Pädagogische Hochschule Freiburg. [PDF]
